Deutscher Journalisten-Verband Landesverband Nordrhein-Westfalen

Pressemitteilungen

Autorisierungswahn bei Interviews

DJV kritisiert Knebel-Vertrag von Grönemeyer

23.11.2015

Mit seinen Autorisierungsbedingungen fällt Herbert Grönemeyer in der Musikszene auf – negativ. Wer den Künstler am morgigen Dienstag, 24. November, in Köln interviewen will, muss eine Vereinbarung mit restriktiven Vorgaben unterzeichnen. Der DJV-NRW fordert Verlage und Journalisten auf, sich nicht auf diesen Knebel-Vertrag einzulassen.

Die Vereinbarung schreibt vor, dass „Zitate auf dem Titel, in der Überschrift oder in Bildunterschriften“ mit dem Künstler abgestimmt werden müssen. Auch die Bildauswahl bleibt nicht den Journalisten überlassen: Die „Vertragspartner“ sollen sich zuvor absprechen, welche Fotografien benutzt werden, heißt es in einem von fünf Paragraphen.

Redakteure von zwei großen Tageszeitungen im Ruhrgebiet sind über diese Vorschriften erstaunt und verärgert. Von „sowas noch nicht erlebt“ über „ein Unding“ bis hin zur „neuen Stufe von Autorisierungswahn“ reichen die Reaktionen. Als Konsequenz wollen beide Verlage von diesem Interview-Termin Abstand nehmen: keine Berichterstattung im Vorfeld des Grönemeyer-Konzertes auf Schalke, mitten im Ruhrgebiet.

DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall kann das nur unterstützen: „Wer sich solchen Knebel-Verträgen beugt, gibt seine journalistische Unabhängigkeit an der Tür zum Interviewraum ab. Das hat mit journalistischem Handwerk genauso wenig zu tun wie mit Pressefreiheit.“ Überall betont, dass Grönemeyer ein großer Künstler ist – aber kein Journalist. „Herbert Grönemeyer und sein Team sollten einmal darüber nachdenken, dass wir Journalistinnen und Journalisten uns ja auch nicht anmaßen, bei Konzerten autoritär zu bestimmen, welche Lieder er singen darf und welche nicht.“

Das Management von Grönemeyer erklärte auf Nachfrage, dass die Vereinbarung ein von einem Medienanwalt aufgesetzter Standard-Vertrag und seit Mitte der 1980er Jahre gängige Praxis sei. Frank Überall: „Umso beharrlicher wird sich der DJV dafür einsetzen, diese Form der Einschränkung der Berichterstattungsfreiheit zu beenden.“ Kontakt: Silke Bender, Pressereferentin DJV-NRW
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