Deutscher Journalisten-Verband Landesverband Nordrhein-Westfalen

Was Stiftungen für den Medienwandel bewegen können

Mehr als milde Gaben

Steal Our Stories – Klau unsere Geschichten: So steht es auf der Internetseite von Pro Publica. Das Redaktionsbüro in New York muss seine aufwendig recherchierten Beiträge nicht an Medien verkaufen, sondern kann sie kostenlos (unter CC-Lizenz) weitergeben. Denn Stiftungsgelder und Spenden finanzieren die Infrastruktur und die Gehälter – darunter die von derzeit 41 Reportern und Redakteuren, die ausschließlich investigativ arbeiten.

Pro Publica startete 2008 und ist derzeit das bekannteste und wohl größte US-Projekt, bei dem Philanthropen dem (Enthüllungs-)Journalismus finanziell unter die Arme greifen. In den fünf Jahren seit der Gründung konnte Pro Publica zahlreiche Scoops landen und Auszeichnungen erringen – bis hin zu höchsten Ehren, dem Pulitzerpreis in den Jahren 2010 und 2011. Hauptfinanzier von Pro Publica ist die Stiftung des Milliardärs-Ehepaars M. und Marion O. Sandler. Zu den weiteren Unterstützern gehört die Knight Foundation, die sich seit 1950 für Qualitätsjournalismus stark macht und in jüngerer Zeit einen besonderen Schwerpunkt auf Medieninnovationsprojekte legt.

Aber sie arbeitet keineswegs als einzige Stiftung in diesem Feld. Denn in den Vereinigten Staaten, wo Spenden sowieso viel fester in der Gesellschaft verwurzelt ist, werden auch Ausbildung und Trainings für Journalisten sowie die Forschung über Journalismus seit Jahrzehnten gefördert. Verstärkt gilt dies, seit die Medienkrise dort die Newsrooms entvölkert hat. Um den negativen Folgen etwas entgegenzusetzen, haben US-Stiftungen in jüngerer Zeit rund 100 Mio. Dollar jährlich investiert, z.B. für Projekte im Lokaljournalismus und investigativen Journalismus. Das zeigt eine Studie, die 2011 u.a. von der Technischen Universität Dortmund veröffentlicht wurde („Finanzierung journalistischer Aktivitäten durch gemeinnützige Organisationen in den USA“).

Viel kleinere Förderaktivitäten

Verglichen damit fällt die Stiftungsförderung für praktische journalistische Programme und Projekte in Deutschland marginal aus. Immerhin 78 benennte die Studie in einem „Exkurs Deutsche Stiftungen und Journalismusförderung“, darunter Journalistenpreise, die Weiterbildungsaktivitäten parteinaher Stiftungen wie Konrad-Adenauer- und Friedrich-Ebert-Stiftung, die Journalisten-Auslandsprogramme (z.B. Heinz-Kühn-Stiftung) sowie die wachsende Zahl von Recherchestipendien. Vieles kommt also eher einzelnen Journalisten als dem Journalismus allgemein zugute. Ebenso sind die Fazit-Stiftung als Träger der FAZ und die Genossenschaft der taz unter den Aktivitäten zu nennen. Vereinzelt gibt es darüber hinaus lokale Projekte, die von Vereinen oder Spenden getragen werden.

Vergleichbare systematische Effekte wie in den USA erzielen die Aktivitäten deutscher Stiftungen bisher nicht. Aber auch in Deutschland wird angesichts des Medienwandels stärker darüber nachgedacht, ob und wie Qualitätsjournalismus über Stiftungen unterstützt werden kann. Damit befasste sich auch die Publikation Aus Politik und Zeitgeschichte der Bundeszentrale für politische Bildung im Juli 2012. Der Beitrag „Chancen und Grenzen philanthropischer Finanzierungsmodelle“ zeigt, dass Stiftungsförderung zwar nicht das Finanzierungsproblem des Journalismus lösen kann, dass sie aber z.B. durch die Unterstützung von Pilotprojekten helfen kann, die Transformation des Marktes zu fördern.

Diese Zielsetzung favorisiert der DJV-NRW auch für die umstrittene Stiftung „Partizipation und Vielfalt“, die die rot-grüne Landesregierung in NRW auflegen will. Die Stiftung soll u.a. die Aus- und Weiterbildung von Medienschaffenden in der lokalen und regionalen Berichterstattung fördern und eine Stiftungsprofessur für Lokaljournalismus sowie Recherchestipendien finanzieren. Dafür soll sie Mittel aus dem Etat der Landesanstalt für Medien NRW erhalten (vgl. u.a. JOURNAL 2/13 und 3/13). Der DJV-NRW hatte in seiner Stellungnahme zur NRW-Stiftung vor allem die gebotene Staatsferne und eine externe Kontrolle (z.B. durch einen wissenschaftlichen Beirat) eingefordert.||

Corinna Blümel

Förderung in Frankreich

Im September hat in Frankreich der Fonds „Innovationsprojekte für das digitale Publizieren“  seine Arbeit aufgenommen, der von Google mit 60 Millionen Euro ausgestattet wurde. Französische Online-Medienprojekte, die eine Website mit allgemeiner und politischer Berichterstattung betreiben, können nun bis Ende 2015 Fördergelder daraus beantragen. Voraussetzung: Die Newsseite muss vom Staat anerkannt sein. Vor allem innovative Projekte sollen unterstützt werden.

Der Fonds ist basiert auf einem Abkommen mit den französischen Verlegern. Sie erklärten sich Anfang 2013 im Gegenzug bereit, auf ein Leistungsschutzrecht zu verzichten, wie es seit kurzem in Deutschland gilt./cbl

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