Deutscher Journalisten-Verband Landesverband Nordrhein-Westfalen

Seit mehr als einem Jahr sitzen Feste und Freie gemeinsam im WDR-Personalrat

Gutes Miteinander

Seit 15 Monaten sind feste und freie Mitarbeiter gemeinsam im Personalrat des Westdeutschen Rundfunks vertreten. Zeit für eine erste Zwischenbilanz. Das JOURNAL sprach mit den freien Personalratsmitgliedern Stephanie Hajdamowicz und Frank Stach vom DJV, der DJV-Betriebsgruppenvorsitzenden Petra Hengholt und dem Personalratsvorsitzenden Heri Stratmann (ver.di). Alle vier eint die positive Zwischenbilanz und der Wunsch nach gesetzgeberischer Nachbesserung.
Stephanie Hajdamowicz und Frank Stach haben eine lehrreiche Zeit im Personalrat des WDR hinter sich. Als sie 2012 für die Liste des DJV antraten, war das eine Premiere. Es war die erste Personalratswahl des WDR, bei der auch Freie wählen und antreten durften.

Wenn die beiden seitdem auch Berge von Personalratsvorlagen wälzen, Rechtsseminare besuchen und wöchentliche Sitzungen mit bis zu 60 Tagesordnungspunkten absolvieren mussten, ihre Zwischenbilanz fällt durchweg positiv aus. „Das ist die bislang beste Innovation des NRW-Personalvertretungsgesetzes“, lobt Stach die Novellierung, die der Landtag 2011 beschlossen hatte (s. Kasten unten). „Es ist äußerst positiv für die Freien, wir können richtig etwas bewegen“, freut sich auch Hajdamowicz, denn nun haben ihre rund 1 800 freien Kolleginnen und Kollegen eine offizielle Stimme. Die Freien-Themen sind bei den wöchentlichen Sitzungen am Mittwochmorgen jetzt selbstverständlicher Bestandteil der Tagesordnung.

Aufwändiges Einarbeiten

Am Anfang ging es für die Neuen erst einmal darum, die Abläufe und Rituale der Personalratsarbeit kennen zu lernen. „Da ist Schweigen manchmal besser“, berichtet Stach über lehrreiches Zuhören nach dem Amtsantritt. Dass der heutige DJV-Landesvorsitzende auch damals durch Ämter im Ortsverein, dem Fachausschuss Rundfunk und im Landesvorstand schon reichlich Erfahrung in der Gremienarbeit hatte, schadete nicht.

Auch Stephanie Hajdamowicz hat Mandatserfahrung. Als die ehemalige Tageszeitungsredakteurin für die NRZ arbeitete, engagierte sie sich bereits als Betriebsrätin. Und auch gewerkschaftliche Gremienarbeit ist ihr nicht fremd – aus der Zeit, als sie noch Mitglied im ver.di-Vorgänger IG Medien war.

„Es gibt ein gutes Miteinander von Festen und Freien im Personalrat. Von Anfang an war die Bereitschaft groß, unsere Themen anzugehen“, berichtet Stach sehr zufrieden. Auf der WDR-Seite des DJV-NRW tat er bereits kund, dass der erfahrene Vorsitzende Heri Stratmann für „eine harmonische, konstruktive Arbeitsatmosphäre“ sorgt.

„Nach anfänglichen ‚beiderseitigen Wissenslücken‘ haben feste und freie Personalratsmitglieder mittlerweile ein Auge bzw. Ohr für die spezifischen Problematiken in beiden Bereichen entwickeln können“, findet auch Stratmann. Das war durchaus mit Mühen verbunden. Die Freien „mussten sich mit den wirklich sehr umfänglichen Vorschriften, Gesetzen, Regeln der Festen beschäftigen. Dort sattelfest zu werden ist keine Frage von Wochen und Monaten“, erklärt der Personalratsvorsitzende. Die Festen hatten es da etwas einfacher. Schließlich hatte sich der Personalrat auch in der Vergangenheit manchmal schon mit Freien-Themen beschäftigt. Jetzt kam aber auch für sie die intensivere Auseinandersetzung mit den verschiedenen Regelwerken der Freien hinzu.

„Wir können jetzt besser helfen“

Auch Petra Hengholt, Sprecherin der DJV-Betriebsgruppe beim WDR, bescheinigt den Freien, dass sie sich gut eingearbeitet haben. Eine positive Neuerung seien auch die regelmäßigen Treffen der DJV-Personalratsmitglieder, sowohl der ständigen Vertreter als auch der Ersatzmitglieder. Da könnten die Punkte für den Personalrat besprochen werden, „die wir als Journalisten angehen müssen“. Was die Themen und Anliegen der Freien angeht, stellt Hengholt fest: „Wir können ihnen jetzt besser helfen.“
„Wir schärfen bei allen kollektivrechtlichen Angelegenheiten den Blick in Richtung Freie“, erläutert der Vorsitzende Stratmann. Etwaige Rechte und Pflichten werden überprüft. Das reicht vom Zugang zur Kantine über den externen Intranet-Zugang bis zur Berücksichtigung bei Kindergartenplätzen.

Meist dreht es sich bei den Freien-Themen aber ums Geld, hat Stratmann beobachtet: „Es geht um die Frage, ob die Arbeiten der Freien richtig und fair honoriert werden. Da muss sich der Personalrat mit den Einzelheiten der Honorar-Tarifverträge beschäftigen, die er zu überwachen hat.“ Das betrifft zum Beispiel die Honorar-Rahmen für Mindestvergütungen im Fernsehen, im Hörfunk und für originäre Online-Dienste (Download unter djv-im-wdr.de).

Dass es oft ums Geld geht, bestätigt auch Stach: „Den Spar-Druck bekommen wir schon zu spüren“. Das hat auch damit zu tun, dass der Sender recht wenige Stellschrauben hat, an denen er für seine Sparbemühungen drehen kann, Der Honoraretat, der unter „Sachmittel“ fällt, bietet sich da oft an. Da suchen Redaktionem dann schon mal nach „günstigeren“ Lösungen – auch jenseits des Honorarrahmens, der mit den Gewerkschaften vereinbart ist. Den Freien die Online-Arbeit einfach unbezahlt oben drauf zu packen ist in der Branche kein neues Thema. Das Gleiche gilt für Tagespauschalen, die der Tarifvertrag gar nicht vorsieht, die der WDR aber gerne vereinbaren würde.

Regelmäßige Sprechstunde für Freie

Um zu erfahren, welchen Regelungsbedarf es gibt und wo bei den nichtangestellten Kolleginnen und Kollegen der Schuh drückt, haben die Freien im Personalrat die wöchentlichen Freien-Sprechstunden ins Leben gerufen. Im Anschluss an die Personalratssitzungen gibt es jeweils von 15 bis 17 Uhr Rat, Auskunft und ein offenes Ohr.

Die Sprechstunden-Einsätze teilen sich Stach und Hajdamowicz mit ihren freien Personalratskollegen Anja Arp und Johannes Höflich von ver.di. „Die Zusammenarbeit ist super“, sagt Stach. Und Stephanie Hajdamowicz ergänzt: „Endlich haben die Freien eine Anlaufstelle, wo sie ihre Anliegen vortragen können“. Dazu gehören Fragen wie: „Habe ich Urlaubsanspruch? Bekomme ich Ausfall-Honorar? Wie sieht es mit Krankengeld aus? Warum bekomme ich weniger Aufträge von der Redaktion? Werde ich korrekt bezahlt?“

Im Übrigen bleibt auch jenseits der Sprechstunden-Termine niemand ohne Betreuung, erklärt der Personalratsvorsitzende Stratmann. Dann ist sein Stellvertreter für die Betreuung der Freien zuständig. Themen aus den Sprechstunden und Beratungen werden in der Folgewoche im Gremium behandelt.

Die freien Personalratsmitglieder nutzen die Sprechstunden auch, um ihre Kolleginnen und Kollegen über die bestehenden Tarifverträge und Regelungen zu informieren. „Das wird gut angenommen“, berichtet Hajdamowicz, „außerdem besuchen wir die Freientreffen in den Außenredaktionen, das wollen wir noch intensivieren.“

Noch nicht eindeutig geregelt

Mehr Präsenz zeigen: Das bedeutet mehr Zeitaufwand und ist für die freien Personalratsmitglieder problematischer als für die angestellten. Wie Freie bezahlt werden, wenn sie für den Personalrat tätig sind, ist gesetzlich nicht eindeutig geregelt, ihre Freistellung auch nicht. Beim WDR hat man sich beholfen und eine vorläufige Regelung vereinbart, die das Gesetz auslegt und eine Benachteiligung der freien Personalratsmitglieder verhindern soll.

„Nach unserer Auffassung muss der Gesetzgeber hier noch Klarheit schaffen und nachbessern“, meint Heri Stratmann und vertritt damit die gleiche Position, für die sich auch der DJV-NRW in Gesprächen mit Landespolitikern stark macht. Frank Stach: „Schließlich wollen wir nicht Personalräte zweiter Klasse sein.“

Wie man das Nachbesserungsanliegen am besten beim Landtag in Düsseldorf vorträgt, da hat vielleicht auch Personalratsmitglied Stephanie Hajdamowicz noch einen Tipp. Nachdem die Kollegin die NRZ verlassen hatte und ehe sie begann, als Freie für den WDR zu arbeiten, war sie Pressesprecherin der NRW-Volksvertretung.||

Uwe Tonscheidt

www.djv-im-wdr.de

Im Wahlkampf bei der WDR-Personalratswahl hat sie mit pfiffigen Videos und ausführlichen Kandidaten-Porträts gute Dienste geleistet: die Seite www.djv-im-wdr.de. Als Blog besteht sie weiter – mit Dokumentendownload, mit Berichten der Personalratsmitglieder über ihre Arbeit und Infos über Themen, die Journalistinnen und Journalisten im WDR bewegen.

Gemeinsam im WDR-Personalrat

Der Landtag von Nordrhein-Westfalen hat am 29. Juni 2011 das Landespersonalvertretungsgesetz geändert. Seitdem ist der WDR-Personalrat auch für die arbeitnehmerähnlichen freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (sogenannte 12a-Freie) zuständig. Die Freien sind darüber hinaus berechtigt, an Personalratswahlen teilzunehmen und können auch selbst in das Gremium gewählt werden (JOURNAL berichtete).

 

Der auf Grundlage dieser Gesetzesnovelle gewählte WDR-Personalrat ist seit dem 1. Juli 2012 im Amt. Er hat 23 Mitglieder – festangestelle und freie. Wahlberechtigt waren rund 7 000 Beschäftigte, davon ca. 1 800 Freie. Es wurden insgesamt 3 803 gültige Stimmen abgegeben. Der DJV erhielt 6 Sitze und konnte damit die Zahl seiner Mandate verdoppeln. Die anderen Ergebnisse: ver.di 13 Sitze, VRFF 2 Sitze, DOV 1 Sitz, „Weiter so war gestern“ 1 Sitz.

 

Freie Mitarbeiter sind auch in den Personalräten  des Zweiten Deutschen Fernsehens, des Hessischen Rundfunks und des Saarländischen Rundfunks vertreten. An anderen Rundfunkanstalten wie der Deutschen Welle, dem Deutschlandradio und verschiedenen Landesrundfunkanstalten sind die Mitbestimmungsforderungen der Gewerkschaften nicht  umgesetzt.

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