Ergebnisse der Blogparade
Was Journalisten heute lernen müssen
Parallel zur Recherche für die Titelgeschichte "Lernen: Offen bleiben für Neues" startete das Blog „Fit für Journalismus“ eine Blogparade zur Frage „Was Journalisten heute lernen müssen“. Eine Blogparade ist eine Art Umfrage. Allerdings antworten die Teilnehmenden in ihren eigenen Blogs und beziehen sich dabei auf das Blog, von dem die Parade ausging. Insgesamt 27 Kolleginnen und Kollegen, vornehmlich aus Deutschland, aber auch Österreich und der Schweiz, nahmen teil. Wie bei den Recherchepartnern im Artikel drehte sich auch in den Texten der Blogparade vieles um die klassischen journalistischen Tugenden, die neue Technik und das Unternehmertum.
- Klassische journalistische Tugenden: Franz Neumeier hat in seinem Beitrag die handwerklichen Fähigkeiten und Voraussetzungen zusammengefasst, die heute wichtig sind: „Für einen Journalisten ist heute meiner Überzeugung nach dasselbe wichtig wie vor 20 Jahren.“ Social Media Skills hält er für Sekundärtugenden, die zwar wichtige Instrumente seien, aber nicht zu den Kernkompetenzen gehörten.
- Das Internet und Social Media: Dass es dennoch ohne Social Media nicht mehr geht, wurde in vielen Beiträgen deutlich. Zum einen, weil viele klassische Medien im Internet vertreten sind und die sozialen Netze bestücken, zum anderen, weil der Einzelne über das Internet viele Menschen erreichen kann und so einen günstigen Weg zur Selbstvermarktung hat. Das Internet hat die Medienlandschaft verändert. Jeder kann publizieren, egal ob mit einem Blog oder YouTube-Videos. Auch Unternehmen können auf Augenhöhe kommunizieren. Die klassischen Medien verlieren an Relevanz. Und das Internet ist schnell: Meldungen sind in Echtzeit einmal um den Globus gejagt – auch Falschmeldungen. Da kommt wieder die journalistische Tugend der Sorgfalt ins Spiel. Doch Sorgfalt erfordert Zeit und vor allem Ruhe, wie Udo Stiehl fordert: „Es geht nicht mehr darum, das schnellste Medium zu sein.“
Klar ist auch: „Dieses Internet-Dings geht nicht mehr weg“, wie es Karsten Lohmeyer formuliert. Marcus Schoft ist sich sicher, dass man im Netz seine eigene Leserschaft findet und seine Inhalte auch wirtschaftlich erfolgreich an den Mann bringen kann, selbst wenn man durch sein eigenes Blog „nur“ gefunden und für eine feste Stelle vorgeschlagen wird.
- Unternehmer sein: Ob man nun um Aufmerksamkeit für eine Anstellung „kämpft“ oder sein eigener Herr ist, sein will oder bleiben möchte: Gerade freie Journalisten müssen sich als Unternehmer verstehen. Das war vielleicht schon immer so, aber es war vielleicht noch nie so deutlich. Und auch ein angestellter Journalist sollte sich bewusst sein, dass gerade in den vergangenen zwei Jahren viele Redakteure bei traditionsreichen Blättern ihren Job verloren haben. Ganz zu schweigen von den Freien, die dann ohne Aufträge und in der Regel ohne Arbeitslosenversicherung, Abfindung etc. da stehen.
Viele Beiträge der Blogparade drehen sich um das Unternehmersein. Nicht immer geht es dabei um die Buchhaltung. Sabine Olschner zum Beispiel wundert sich über die manchmal mangelnde Kundenorientierung von freien Journalisten: „Gutes Handwerk ist das eine – aber erst das gewisse Extra in der Zusammenarbeit sorgt für wirklich zufriedene Kunden und damit für weitere Aufträge.“
Zum Unternehmersein gehört mehr als Kundenorientierung: Der Journalist ist sein eigener Buchhalter, CFO, Vertriebs-, Marketing- und PR-Chef und vieles mehr. Er ist für seine gesamte wirtschaftliche Existenz selbst verantwortlich. Etwas, was Andreas Grieß in den Lehrplänen der Journalistenausbildung vermisst. Nicht zuletzt gehört es zum Unternehmersein, dass man sich Gedanken über sein Angebot für den Markt macht. Anita Grasse und ihre Kollegen im Redaktionsbüro Curcuma Medien haben sich zusammengeschlossen, um als Unternehmen zu viert Leistungen anzubieten, die sie einzeln nicht bewältigen könnten.
- Neugierde: Aus fast allen Beiträgen liest sich heraus, dass wir als Journalisten doch neugierig sein und bleiben sollen. Wahrscheinlich ist es wichtig zu lernen, sich die Neugier über das Berufsleben zu erhalten. Denn eine einmal gefasste Positionierung auf dem Markt reicht nicht für immer. Bettina Blaß beschreibt in ihrem Beitrag anhand ihres Lebenslaufs, wie ihre Neugierde ihre berufliche Ausrichtung bestimmt.
- Dialogbereitschaft: Das Internet ist keine Einbahnstraße. Die Hemmschwelle für Kommentare ist niedrig. Für negative offenbar noch niedriger als für positive. Leser, Zuhörer und Zuschauer können heute mit einem Klick Kontakt zu uns aufnehmen und uns ihre Meinung mitteilen. Damit muss man erst mal umgehen können. Doch natürlich kann Kritik auch konstruktiv sein und helfen, die eigenen Fehler zu korrigieren (wenn man sie sich eingesteht). Die direkte Kommunikation kann eine Bereicherung für die eigene Arbeit sein, das zeigt auch diese Blogparade. Birte Frey sieht in diesen nicht-linearen Prozessen die Grundlage für guten Journalismus.
- Ganz spezielle Kenntnisse: Programmieren muss man nicht selber können. Doch „vielleicht sollte man zumindest einen guten Programmierer kennen“, wie Heiko Kunzmann schreibt. Wer es selber versuchen möchte, findet zum Beispiel bei Daniel Geßler Anregungen dazu. Und natürlich braucht man Ahnung von den Sachgebieten, über die man schreibt. Man soll in seinem Thema „sattelfest“ sein, findet Jan Gesthuizen. Allgemeinbildung hält er dagegen für überschätzt: „Denn niemand kann wirklich sagen, was Allgemeinbildung überhaupt sein soll.“
Durchgeführt wurde die Blogparade auf www.fitfuerjournalismus.de von Timo Stoppacher, der auch die Ergebnisse zusammenfasste.