Deutscher Journalisten-Verband Landesverband Nordrhein-Westfalen

Warum die Mitgliedschaft im DJV gerade auch für Freie wichtig ist

Kostbarer Rat, wenn es brennt

Besteht die Journalistenbranche bald nur noch aus Freiberuflern? Wer in den ver­gan­ge­nen Monaten die Nachrichten aus den Medienhäusern verfolgt hat, gewinnt diesen Eindruck. Überall fallen ­Redakteursstellen weg – bei Ver­lagen, in privaten und öffentlich-rechtlichen Sendern, bei Nachrichtenagenturen: Ständig wird eingedampft und zusammengeführt, und wunderbarerweise produzieren die kleineren Belegschaften noch ­effektiver. Natürlich wird es auch in Zukunft ­angestellte Journalistinnen und Journalisten ­geben. Aber klar ist: Der Anteil der Freien wächst – auch im DJV-NRW.

Welche Vorteile eine Mitgliedschaft für Freie bringt? Natürlich bietet der Verband berufsspezifische Informationen, Vernetzungsmöglichkeiten und mit vergünstigten Seminaren einen geldwerten Vorteil. Vor allem aber ist die ­gewerkschaftliche Solidarität im DJV gerade für Selbstständige Gold wert. Ebenso wie der Rechtsschutz und der kompetente Rat, wenn es gerade richtig brennt. Letzterer greift übrigens schon an einem Punkt, an dem man (auch mit Rechtsschutzversicherung) meist noch nicht zum Anwalt geht: Wenn ­Ärger droht, aber noch nicht konkret ist. Gerade dann ist guter Rat aber oft geradezu unbezahlbar.

Ein Raum voller Ratsuchender

Wie die Beratung im „Brandfall“ aussieht, ­haben viele freie Kolleginnen und Kollegen in den vergangenen ein, zwei Jahren bei zahlreichen Info-Veranstaltungen erlebt: Ein Raum voller Rat­suchender, oft fassungslos, verzweifelt, resigniert, weil ihre Auftraggeber die Zusammenarbeit aus Spargründen beenden, die Zustimmung zur ­Abtretung umfassender Rechte verlangen oder ihnen unfaire Honorarverträge vorlegen.

Aus der Welt schaffen können die DJV-Juristen das eigentliche Problem ad hoc natürlich nicht. Das erfordert oft genug eine rechtliche Auseinandersetzung, wie sie der DJV in der Vergangenheit schon häufiger geführt hat (siehe unten). Aber was die DJV-Juristen bei so einem Abend­termin tun können: geduldig Fragen beant­worten, die rechtlichen ­Aspekte erläutern, den ­Betroffenen Handlungs­optionen aufzeigen. Und weiterführende Tipps geben: Woran könnte ich eine Scheinselbstständigkeit festmachen? Welche Belege müsste ich sichern? Und wie kann man Honorarnachzahlungen nach den Vergütungsregeln an Tageszeitungen geltend machen?

Solche Versammlungen haben sich in jüngerer Zeit gehäuft. Kein Wunder: Vor allem bei den hiesigen Tageszeitungsverlagen war die Hölle los. Und neben den Redakteurinnen und Redakteuren, die in ­Ruhestand gehen, in Transfer­gesell­schaften landen, sich neue Jobs oder eben auch Aufträge suchen müssen, erwischt es ­immer Freie und Pauschalisten. Der lokale Einheitsbrei, der an Rhein und Ruhr entsteht, ist nicht nur für Leser eine Mogel­packung: Das herauf­beschworene tolle „Agenturprinzip“ halbiert das Auftragsvolumen und macht das unterirdische Zeilenhonorar noch bitterer.

Viele haben sich an den DJV-NRW gewandt und beraten lassen. Für die Verbandsjuristen bedeutet das: Dauereinsatz. Oft genug wird eine Gruppenberatung kurzfristig angesetzt, damit die ­Betroffenen sich informieren können, bevor neue Regelungen in Kraft treten. Schützenhilfe gab es etwa für die freien Mitarbeiter von Rheinischer Post (RP) und Westdeutscher Zeitung (WZ), denen Mitte des Jahres fragwürdige neue Verträge vorgelegt wurden. Genauso wie für die Freien, die dank der neuen Freundschaft zwischen RP und Neuer Rhein / Neuer Ruhr Zeitung (NRZ) das Nach­sehen hatten.

Direkt mehrere ­Info-Abende für Freie veranstaltete der DJV-NRW (teils gemeinsam mit ver.di) in Köln, wo Heinen-Verlag und M. DuMont-Schauberg (MDS) die Außenredaktionen von Kölner Stadt-Anzeiger (KStA) und Kölnischer Rundschau (KR) in der neu gegründeten Rheinischen Redaktions­gemeinschaft (RRG) zusammenführten (vgl. ­zuletzt JOURNAL 4/14). Wie so oft, wussten die Freien und Pauschalisten zwar, dass ein ­fusionsbedingter Überhang entsteht, wurden aber viel zu lange im ­Ungewissen ­gelassen, wie es für sie weitergeht.
„Unterschreiben Sie schnell, sonst gilt das Angebot nicht mehr“: Wer ein Abfindungsangebot so unterbreitet ­bekommt, möchte nicht nur seine Sorgen teilen können. Der braucht auch handfesten juris­tischen Rat, wie er sich ­gegenüber dem bisherigen Auftraggeber verhalten kann.

Auch für Rundfunk-Freie hakt es

„Umstrukturiert“ und zusammengestrichen wird nicht nur bei Printmedien: Auch die Freien beim öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk brauchen ­Beratung. Bei der Deutschen Welle (DW) hagelt es zum Beispiel gerade Einschränkungs- oder Beendigungsmitteilungen (siehe "Fortwährende Unruhe"). Wie man ­darauf regiert, erläuterte der DJV-Freienreferent Michael Hirschler bei Sprechstunden im Haus. Zusätzlich hat er in ­einer Broschüre Tipps zu Arbeitnehmerstatus, Auftragslage und Ausgleichszahlungen inklusive aller rechtlichen Mittel zusammengestellt.

Auch das radikale Sparen, das der mit so viel Liebe angetretene Tom Buhrow seinem WDR verordnet hat, ­begleitet der DJV-NRW kritisch und ist mit den dortigen Freien im engen Kontakt. Dazu gehören persönliche Gespräche und Beratung, Aktionen wie der Protest gegen „Rasen­mäher-Kürzungen“ (siehe JOURNAL 4/14) und die Organisation einer Freien-Vollversammlung (siehe "WDR: Schlankheitskur auf Kosten der Freien").

Bleiben noch Deutschlandfunk, RTL und seine Schwestersender, die zahlreichen Lokalfunk­stationen im Land: Selbst wo gerade keine „laute“ Krise herrscht, knirscht es oft genug im ­Gebälk. Im Bedarfsfall finden die Freien kompetente Ansprechpartner bei Landes- und Bundesverband. Und natürlich gehört überall, wo es funktionierende Tarifverträge für arbeitnehmerähnliche Freie gibt, gehört auch das zähe Ringen um die Honorargestaltung zum (extrem anstrengenden) Geschäft.

Notfalls Klagen

Rechtsschutz nicht nur in Form von Beratung, sondern auch vor Gericht – auch das gehört zum DJV-Service. Dabei erfordert es viel Mut, sein Recht individuell einzuklagen. Am liebsten wäre Freien oft, der Verband könnte das an ihrer Stelle übernehmen. Ein Verbandsklagerecht etwa in Sachen Vergütungsregeln fordert der DJV seit langem. So lange es das nicht gibt, ist eine „stellvertretende“ Klage nur in ­bestimmten Fällen möglich, etwa wenn die Allgemeinen Geschäfts­bedin­gungen (AGB) ­eines Auftraggebers wettbewerbswidrige Klauseln enthalten. Mit so einer Klage konnten die Jour­nalisten-Gewerkschaften jüngst vor dem Landgericht Köln eine strittige Passage im Hono­rarvertrag der RRG kippen (siehe Kasten).

Unfaire Vertragsklauseln sind für den DJV ­immer ein Thema, nicht nur bei Verlags-AGB und Honorarverträgen. Freie Bildjournalisten können zum Beispiel ein Lied von Knebel-­Bedingungen bei der Akkreditierung für Konzertveranstaltungen singen. In solchen Fällen macht der DJV öffentlich, welcher Künstler (bzw. wessen Management) anderen Urhebern das Leben schwer macht.

Sein Gewicht schmeißt der größte Journalistenverband auch in die Waagschale, wenn er zum Beispiel über die Arbeits­bedingungen der freien Journalistinnen und Journalisten informiert. Wenn er für Urheberrechtsfragen trommelt. Oder wenn er freie Journalisten in Sachen Infor­ma­tionsfreiheitsgesetz (IFG) und Gebühren ­unterstützt, wie jüngst im Fall Drepper/Schenck gegen das Bundes­innenministerium (siehe JOURNAL 4/14). Hier entschied das Verwaltungsgericht Berlin, dass Behörden ihre Gebühren bei IFG-Anfragen nicht willkürlich hochtreiben dürfen, um Journalisten abzuschrecken. Eine Stärkung gerade für Freie, die bei ihren Recherchen nicht unbedingt die Rechtsabteilung eines Medienhauses hinter sich haben.

Auf solche Erfolge ist der DJV stolz. Sie sind ein Lohn für mühevolle Arbeit, die weitgehend im Verborgenen stattfindet. Stolz auf das Erstrittene: Das gilt auch im Fall der abgewickelten Westfälischen Rundschau, wo der DJV-NRW in ­zähen Verhandlungen eine Abfindungsregelung für langjährige freie Text- und Bildjournalisten erstreiten konnte. E geht gewerkschaftliche Solidarität. ||

Silke Bender/Corinna Blümel

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