Deutscher Journalisten-Verband Landesverband Nordrhein-Westfalen

Orientierung beim Umbruch in der Medienbranche: Journalistentag 2016 in Duisburg

Mehr Journalismus wagen

Das magische Dutzend ist voll. Zwölf Journalistentage hat der DJV-NRW auf die Beine gestellt. Und er ist stolz darauf, sagt der Vorsitzende Frank Stach. Voll war es wieder in Duisburg. Mehr als 450 Teilnehmer waren sechs Stunden lang zwischen drei Forenräumen und dem etwas abseits gelegenen Werkstattbereich unterwegs. Sie erlebten einen Journalistentag der großen Themen, nicht der großen Namen. Und einen Tag mit vielen Ideen, wie es in der Medienkrise mit dem Journalismus weitergehen kann.

Im Dreiviertelstunden-Takt wechselten Kolleginnen und Kollegen zu den Themen, die die Branche beschäftigen: selbstgemachte Filterblasen. Blinde Flecken deutscher Journalisten. Mobiler Journalismus. Generationskonflikte in jungen Formaten. Digitaler Quellenschutz. Große Städte und Metropolen. Traumatisierte Flüchtlinge. Ausgegrenzte Migranten. Hasskommentare.

Eine Begründung für die Themenauswahl lieferte Stach in der Begrüßung am Samstagmorgen mit: „Die Medien sortieren sich neu“, sagte er und stellte empört fest: „Lügen und Hetze verfangen bei den Menschen. ‚Postfaktisch’ ist Umgangssprache geworden.“ Dagegen setzte der DJV-NRW mit dem Journalistentag ein breites Angebot an Themen und Ideen. Präsentiert durch journalistische Kenner und Macher in den großen Foren, vertieft und praxisnah aufbereitet in den parallel laufenden Workshops. Immer auf Augenhöhe mit den Besuchern. „Von Kollegen für Kollegen“ heißt das Prinzip seit dem ersten Journalistentag. „Wagt wieder mehr Journalismus“, appellierte Stach. Damit meinte er besonders die Verlage, deren Sparpolitik er für die Krise der Medien mitverantwortlich machte. Aber den Appell können sich Journalistinnen und Journalisten auch in ihrem Berufsalltag immer wieder vor Augen halten.

Gegen zu viel Vereinfachung

Für den Einstieg hatte der DJV-NRW Thomas Fischer eingeladen, den Vorsitzenden des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs, der jüngst mit dem Vorwurf von der „unterschichtenorientierten Gerichtsberichterstattung“ von sich reden gemacht hatte. Um Missverständnisse zwischen Juristen und Journalisten ging es in dieser Impulsrunde. Fischer, der selbst eine erfolgreiche Kolumne für ZEIT-Online schreibt, kritisierte erneut die mangelnde Sach- und Fachkenntnis vieler Gerichtsberichterstatter.

Wer über Prozesse berichte, müsse zwar nicht selbst Jurist sein, sollte aber ein Grundverständnis für die Materie mitbringen. Der Bundesrichter wehrte sich zudem gegen zu viel Vereinfachung. „Ein beliebtes Argument ist, dass die Menschen zu dumm sind, um komplexe Sachverhalte zu verstehen. Und dann verzeiht man sich anschließend selbst jede Dummheit.“

Der medienpräsente und streitbare Strafrechtler machte Moderatorin Andrea Hansen das Fragen nicht leicht. Doch er ging auch kritisch mit dem eigenen Berufsstand um. „Viele Richter und Staatsanwälte haben große Angst vor Journalisten“, sagte Fischer, „aber auch vor den eigenen Kollegen“. Wenn einzelne Juristen in die Öffentlichkeit träten, gelte das vielen als Ungehörigkeit und Wichtigtuerei, bot Fischer als Erklärung für die Kommunikationsprobleme der deutschen Justiz an.

Nach dem Impuls starteten die Foren und Werkstattgespräche...


>> Hier geht es zum PDF mit dem kompletten Bericht "Journalistentag 2016" von Werner Hinse und Arne Pöhnert (Text) sowie Udo Geisler (Foto).

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