Deutscher Journalisten-Verband Landesverband Nordrhein-Westfalen

Warnstreik in Essen am 18. Dezember 2013

Warnstreik in Essen / Fotos von Klaus Daub

Rede von Ulrike Kaiser, stellvertretende DJV-Bundesvorsitzende

In einer Woche ist Weihnachten. Das ist die Zeit der Wünsche.
Aber nicht mehr mit uns. Wünschen hat uns schon lange nicht mehr geholfen.


Wir stellen Forderungen.
Und diese Forderungen an die Verleger lauten:
-    Schluss mit dem Spardiktat!
-    Schluss mit dem Tarifabbau!
-    Schluss mit dem Sozialdumping!

Journalistinnen und Journalisten in Deutschland haben seit mehr als einem Jahrzehnt keinen realen Einkommenszuwachs mehr gehabt. Die Honorare für unsere freien Kolleginnen und Kollegen sind mehr und mehr abgebaut worden.

Nun wollen die Verlage erneut an unseren Geldbeutel: Sonderzahlungen kürzen, Jahresleistung beschneiden, Berufsstaffeln umbauen, Gehälter an die regionale Kaufkraft koppeln, Urlaubstage streichen, dafür das Volontariat verlängern, um noch mehr am Nachwuchs zu sparen.  

Kolleginnen und Kollegen, es reicht!

Wir heute hier in Essen, hunderte Kolleginnen und Kollegen gestern in München, Minden, Hannover, Darmstadt und anderswo:

Wir alle stützen die Forderungen unserer Gewerkschaften
-    nach einer deutlichen Gehalts- und Honoraranhebung,
-    nach Erhalt der Flächentarife,
-    nach gleichen Konditionen für die Onliner,
-    nach guten Perspektiven für unsere jungen Kolleginnen und Kollegen.

Die Arbeit in den Redaktionen ist nicht weniger geworden. Im Gegenteil: In den Redaktionen wird längst nicht mehr nur für die Zeitung recherchiert, sondern auch fürs Internet, für Facebook und Twitter, für die Apps. In den Redaktionen wird längst nicht mehr nur geschrieben. Es wird fotografiert und gefilmt und aufgezeichnet.

Die Arbeit ist nicht weniger geworden. Aber wir sind weniger geworden. Weniger Planstellen. Weniger Redakteure.

Seit mehr als einem Jahrzehnt wird Personal gestrichen, werden ganze Redaktionen abgebaut, werden die Honoraretats gekürzt.

Journalistinnen und Journalisten leisten mehr Arbeit. Und das für weniger Geld und für weniger Anerkennung.

Die Betriebswirte in den Verlagen halten Journalismus für eine reine Kostenstelle. Und die wollen sie weiter begrenzen und abbauen. Entsprechend sieht der Plan aus, den der Verlegerverband BDZV in diese Tarifrunde einbringt.

Unsere Tarifexperten haben ausgerechnet: Wenn diese Verlegerforderungen umgesetzt werden, kostet das einen heutigen Berufsanfänger während seines Berufslebens eine deutlich sechsstellige Summe.

Welcher gut ausgebildete junge Mann, welche gut ausgebildete junge Frau will sich das antun? Es gibt berufliche Alternativen neben dem Journalismus, und dort ist der Nachwuchs sehr willkommen und geschätzt.

Die Verleger nennen ihr Forderungspaket „Tarifwerk Zukunft“. Doch sie beschneiden damit nicht nur unsere, sondern auch ihre eigene Zukunft. Das passt ins Bild. Sie haben sich in den vergangenen Jahren systematisch ihre eigene Zukunft abgesprochen. Und sie jammern nach wie vor auf hohem Niveau: -    Die Leser wandern ab.-    Die Werbeumsätze sinken.-    Die Gewinne sind nicht mehr allzeit zweistellig.Und was macht man dann als Unternehmer? Normalerweise investiert man. In neue Konzepte und in die Qualität, um das Publikum von seinen Produkten zu überzeugen. Aber nicht so die Verlage. Nein: Sie setzen auf den Rotstift und streichen, was das Zeug hält.Aber es hält nicht mehr lange. Wer seine journalistischen Leistungsträger demotiviert und diskreditiert, wer Journalismus entwertet und bewusst Qualitätsverlust in Kauf nimmt, wer dauernd am lebenden Objekt experimentiert und operiert, der arbeitet zielstrebig am eigenen Untergang.Dem werden wir entgegentreten. Wir müssen die Verlage quasi vor sich selbst schützen.

Wir wissen und wir machen hier deutlich:
Journalismus ist nicht nur etwas wert in unserer Gesellschaft, Journalismus ist mehr wert.
Journalistische Qualität gibt es weder zum Nulltarif noch zum Dumpingpreis.
Journalistische Qualität kostet.
Journalistische Qualität muss fair bezahlt werden.
Journalistische Qualität darf nicht dem Profit zum Opfer fallen.

Dafür streiten wir in dieser Tarifrunde. Dafür unterstützen wir unsere Verhandlungskommission, die heute in Berlin verhandelt. Dafür demonstrieren wir hier in Essen und anderswo.

Aber dafür schreiben wir keine Wunschzettel mehr. Sondern stellen Forderungen. Trotz Weihnachtszeit: Wir haben nichts mehr zu verschenken!

Warnstreik in Essen / Fotos von Silke Bender

Das Streiklied

Morgen, Leute, soll's nichts geben,
morgen soll'n wir uns nicht freu'n.
Welch ein elends Schreiberleben,
kaum noch Zeit, es ist zum Heul'n.
Qualität sieht anders aus,
drum steh'n wir heut vor dem Haus.


 
Morgen, Leute, soll's nichts geben,
Rotstift kürzt, was uns gehört.
Wovon soll der Nachwuchs leben,
ist Tarifwerk erst zerstört.
Doch Verleger, gebt fein Acht,
ist nicht gut, was ihr da macht.



Weniger Urlaub, weniger Knete
und die Kaufkraft obendrauf,
Weihnachtsgeld nur noch für Miete,
für Geschenke zahl'n wir drauf.
Fairer Lohn sieht anders aus,
drum steh'n wir heut' vor dem Haus.



Doch Verleger, lasst euch sagen,
unser Job hat seinen Preis.
Ihr dürft nicht am Mantel nagen,
Finger weg, lasst sein den Scheiß.
Denn Verleger, gebt fein Acht,
großer Streik sonst angesagt!



Überstunden ohne Ende,
Ausgleich Null, das kann nicht sein.
Wenig Geld fürs Wochenende,
glaubt uns, das ist gar nicht fein.
Leute, schlagt mit uns jetzt Krach,
bis Verleger aufgewacht!

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