Deutscher Journalisten-Verband Landesverband Nordrhein-Westfalen

Fachausschuss Tageszeitungen (Print und Online)

Der Fratz: Fachausschuss Redakteure an Tageszeitungen

Der Fachausschuss (FA) Tageszeitungen wird auch liebevoll "Fratz" genannt. Dann steht das Akronym für Fachausschuss Redakteure an Tageszeitungen. Ob FA oder "Fratz" - die Ausschussmitglieder sind zur Stelle, wenn es um die Herausforderungen an Tageszeitungen geht, also um den Erhalt und die Verbesserung von Tarifverträgen, um Outsourcing, Scheinselbständigkeit oder Urheberrechtsverletzungen, um die Demontage des journalistischen Berufs, um gerechte Arbeitszeiten, neue Techniken, Multimedia und Online.

Nicht zuletzt die Qualitätsdiskussion, die Arbeitsbedingungen oder die immer wieder diskutierte Altersteilzeit sind Themenfelder für den "Fratz". Und weil es gerade im Print-Bereich und vor allem bei den Tageszeitungen vor Herausforderungen nur so wimmelt, werden Mitstreiterinnen und Mitstreiter immer gesucht. Erfahrungen und Tipps, Input und Verbesserungsvorschläge - davon kann man nie genug bekommen.

Presseförderung: Politik muss endlich handeln

Schluss mit dem Rumgeeiere! Die Politik muss sich endlich dazu durchringen, schnellstens eine finanzielle Förderung von Lokal- und Regionaljournalismus auf den Weg zu bringen - ehe es zu spät ist.

Eine Studie des Bundesverbandes Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) hat im Jahr 2020 prognostiziert, dass die Lokalzeitungen in 40 Prozent aller Kommunen in Deutschland schon in fünf Jahren nicht mehr wirtschaftlich sein werden. In 4400 Gemeinden drohe somit das Sterben der Lokalzeitungen. Das hätte fatale Folgen.
Man muss nur in die USA schauen, um zu erkennen, was auch in Deutschland droht, wenn die Entwicklung bei den lokalen Medien so weitergeht. Da gibt es inzwischen ganze Regionen ohne Lokalzeitung. Aktuelle Studien zeigen dort auch unmissverständlich den Zusammenhang zwischen der Schwächung von Lokaljournalismus und den politischen und gesellschaftlichen Fehlentwicklungen.  Weiterlesen im DJV-Blog!

Fakten statt Bauchgefühl: Arbeitszeiterfassung hilft, Personalmangel und Überlastung aufzuzeigen

Der 1. Mai war in diesem Jahr für die Betriebsräte der NRW-Titel der Funke Mediengruppe ein doppelter Feiertag. Denn am Tag der Arbeit fiel der Startschuss für die elektronische Arbeitszeiterfassung in den Redaktionen von WAZ, NRZ, Westfalenpost und deren Onlinern. „Ich war erleichtert, dass es endlich losgeht“, sagt Barbara Merten-Kemper, Betriebsratsvorsitzende der WAZ. Der Weg von den ersten Anläufen vor rund zehn Jahren bis zum Abschluss der nun geltenden Betriebsvereinbarung war lang und beschwerlich – wie bei manch anderem Verlag zuvor. Weiterlesen im JOURNAL!

Interview Benjamin Piel

Papier ist geduldig: Sind Abonnent:innen das auch?

Weil graphisches Papier für die Zeitungsproduktion derzeit extrem knapp und teuer ist, erscheint das Mindener Tageblatt vorerst mit weniger Seiten als gewohnt. Vor welche Herausforderungen der Verlag dadurch gestellt wird und wie Leser:innen darauf reagieren, darüber sprach Kristian van Bentem, stellvertretender Landesvorsitzender DJV-NRW, mit MT-Chefredakteur Benjamin Piel.

Herr Piel, das Mindener Tageblatt ist deutlich dünner geworden. Liegt tatsächlich ein Papierbeschaffungsproblem vor? Oder ist es eher eine Kostenfrage, die den Verlag Bruns dazu gebracht hat, mit der Umfangsreduzierung auf die Papierpreisexplosion zu reagieren?

Piel: Zunächst einmal ist es nicht deutlich dünner geworden. Wir reden im Schnitt über vier Seiten weniger pro Tag. Hintergrund ist tatsächlich ein Beschaffungsproblem. Wir sind in einer ernsthaften Krisensituation, die niemand toll findet – ganz im Gegenteil. Sie liegt uns allen schwer im Magen. Das gilt letztlich ja für die ganze Branche. Aber zumindest für unser Haus kann ich in aller Deutlichkeit versichern, dass die Umfangsreduzierung definitiv keine Sparmaßnahme als Reaktion auf die Kostenexplosion ist. Die gibt es natürlich zweifelsohne. Sie wird sich im nächsten Jahr wahrscheinlich auch noch fortsetzen und wohl leider dazu führen, dass viele Zeitungsverlage ihre Abonnementpreise erhöhen müssen. Das wäre dann eine Reaktion auf die Kostenexplosion beim Papier. Aber in der jetzigen Situation hat die Reduktion der Seiten bei uns nichts damit zu tun, sondern ist eine reine Vorsichtsmaßnahme. 

Wie dramatisch ist die Knappheit für die Produktion beim MT?

Piel: Wir könnten – Stand jetzt – zwar erst mal noch im gewohnten Umfang produzieren. Aber die Frage ist angesichts der Lieferengpässe der Papierindustrie, wie lange noch? Unser oberstes Ziel ist es, sicherzustellen, dass wir das ganze Jahr über erscheinen können. Deshalb haben wir uns entschieden, jetzt unsere Umfänge zu reduzieren, um Reserven zu haben. Lieber jetzt angesichts der erheblichen Engpässe auf dem Papiermarkt den Umfang reduzieren, als irgendwann vor dem Problem zu stehen, nur noch Notausgaben drucken zu können.

Auf welche Inhalte müssen die Leser:innen seit rund zwei Wochen verzichten? 

Piel: Unter der Woche im Durchschnitt auf vier Seiten. Am Wochenende reden wir eher von acht oder auch zwölf Seiten weniger, weil wir insbesondere unser Wochenendmagazin mit unter anderem Reiseberichten, Wochenendreportage und Interview der Woche fast ganz rausgenommen haben. Immer auf Basis der uns bekannten Daten und mit der Maßgabe, wie viel Betrachtungszeit auf den einzelnen Seiten liegt. Wir lassen möglichst keine Seiten weg, von denen wir wissen, dass sie besonders beliebt sind, sondern Seiten, von denen wir wissen, dass sie eher von einem speziellen, kleinen Publikum gelesen werden. Unter der Woche ganz rausgenommen haben wir zum Beispiel das Fernsehprogramm. Da können wir darauf verweisen, dass wir auch ein wöchentliches Programmmagazin haben. Auch auf so etwas wie Anzeigen aus dem eigenen Haus verzichten wir größtenteils.

Was ist beim Streichen tabu?

Piel: Insbesondere der Lokalteil, den wir beim MT vorne in der Zeitung haben statt hinten. Das ist mir persönlich auch das Wichtigste. Und das deckt sich auch mit den Erkenntnissen, die wir zum Leseverhalten haben. Wir messen das sehr intensiv bei unserem E-Paper, und da stellen wir für den Lokalteil sehr hohe Betrachtungszeiten fest. Deshalb versuchen wir, die lokalen Inhalte möglichst so zu belassen, wie sie sind. 

Papier ist bekanntlich geduldig. Aber wie geduldig sind Abonnent:innen, wenn gewohnte Printumfänge plötzlich reduziert werden?

Piel: Es zahlt sich aus, dass wir alles sehr offensiv kommuniziert haben, statt damit hinterm Berg zu halten. Anders, als andere Häuser das getan haben, wie ich inzwischen erfahren haben, die das Thema gar nicht oder eher verschämt offengelegt haben. Natürlich könnte man in so einer Situation auch sagen: Ach komm, eine Reduzierung um vier Seiten – der eine oder andere merkt das doch vielleicht gar nicht. Und wer dann feststellt, dass das TV-Programm weg ist, und sich meldet, dem kann man das dann ja erklären… Aber mir ist es immer ein Anliegen, Transparenz herzustellen. Und nicht nur wir leiden ja derzeit unter der Mangelwirtschaft. Deshalb haben wir unsere Kommunikation eingebettet in eine ganze Themenseite zu Branchen in der Region, die mit Materialknappheit zu kämpfen haben. Dazu gab es ein „In eigener Sache“, um unsere Situation transparent zu machen und den Weg, wie wir damit umgehen.

Wie viele Beschwerden gibt es?

Piel: Natürlich gibt es auch Kritik, und das ist auch vollkommen in Ordnung. Aus Kundensicht würde mich das vielleicht auch ärgern. Aber wir reden da zum Glück, so wie ich es erhofft und erwartet hatte, über sehr überschaubare Rückmeldungszahlen - rund ein Dutzend bis 20. Tendenziell gibt es sogar eher Unterstützung von Leuten, die sagen, dass sie es gut finden, wie offen wir mit der Situation umgehen. 

Es gibt ja den Schelm, der Böses denkt... Was sagen Sie zu möglichen Befürchtungen, das MT wolle unter dem Deckmäntelchen der Papierknappheit einfach mal testen, ob sich Abonnent:innen nicht auch mit einer dünneren Zeitung zufrieden geben?  Vielleicht auch über ein Ende der Papierknappheit hinaus…

Piel: Das kann ich deutlich zurückweisen. Wir reden über eine echte Notsituation. Das ist kein Testballon, um zu schauen, ob man grundsätzlich nicht auch mit 24 Seiten hinkommt. Nein, das wollen wir auf gar keinen Fall. 24 bis 28 Seiten sind eine Größenordnung, mit der wir uns selbst nicht wohl fühlen. Deshalb kann ich auch versprechen, dass das in Zukunft wieder anders wird. Sobald es irgendwie geht und die Knappheit des Papiermarkts sich gibt.

Mal andersrum gefragt: Inwieweit sehen Sie denn auch Chancen, die sich aus der Situation ergeben könnten, alte Zöpfe aus aktuell gutem Grund und zugunsten von mehr Relevanz abzuschneiden? Es gibt ja auch Stimmen, dass weniger Umfang nicht schlechteren Inhalt bedeuten muss – im Gegenteil. 

Piel: Ja, das stimmt. Aber diese grundsätzliche Frage muss man auf jeden Fall von der aktuellen Situation trennen, in der die Seitenreduzierung definitiv kein Testballon ist. Das möchte ich noch mal betonen. Unabhängig davon glaube ich, dass Zeitungen in Zukunft vielleicht tatsächlich mit weniger Seiten auskommen könnten. Aber dafür braucht man ein Gesamtkonzept. Ich stelle mir die Frage: Welche Rolle werden der Mantel und die überregionale Berichterstattung künftig im regionalen und lokalen Markt noch spielen? Da glaube ich am Horizont zu erkennen, dass das irgendwann nicht mehr eine so große Rolle sein wird. Denn immer mehr Kunden informieren sich über nationale und internationale Themen bei Medien, deren Kernkompetenz das ist. Unsere Stärke ist das Lokale und Regionale - weil das kein anderes Medium das Leben vor der eigenen Haustür so aufbereitet, wie wir das tun. 

Wie sehr braucht die Lokalzeitung den Mantel dann noch? 

Piel: Vielleicht – aber dann sind wir wirklich weit in der Zukunft – könnte ich mir vorstellen, dass eine regionale Zeitung perspektivisch nur noch regional und lokal funktioniert, dort seine Stärken noch besser ausspielt und eben nicht mehr aus Berlin und New York und wer weiß wo berichtet. Weil die Menschen sich diese Informationen einfach woanders holen und sie an anderen Stellen kostengünstiger oder sogar kostenlos bekommen können. Wir sind aber, so glaube ich, noch in einer Phase, in der die Zeitung für viele Menschen immer noch ein Medium ist, das alles abdeckt und von dem sie Informationen breit gefächert bekommen möchten. Insofern ist das erstmal reine Zukunftsmusik, und eine Umsetzung so einer Idee wäre derzeit absolut verfrüht.

Kommen wir noch mal von der Zukunftsmusik zurück zur Gegenwart: Die Politik hat den Medien im vergangenen Jahr im Zuge der Corona-Pandemie den Status als Teil der kritischen Infrastruktur zugebilligt. Wünschen Sie sich, damit das nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibt, von der Politik gegebenenfalls auch regulatorische Maßnahmen, um Tageszeitungen ausreichend Papier zur Verfügung zu stellen?  

Piel: Das ist ein Weg, über den ich mir noch keine Gedanken gemacht habe. Und ich wünsche mir, dass Journalismus unter Bedingungen gemacht werden kann, die keine staatlichen Maßnahmen erfordern. Je weniger Angewiesensein auf den Staat nötig ist, desto besser. Deshalb bin ich da eher skeptisch und weiß auch nicht, ob das überhaupt möglich wäre, staatlicherseits Einfluss zu nehmen, um eine bestimmte Menge Papier für den Zeitungsmarkt zur Verfügung zu stellen.

Die Verlage müssen also selbst irgendwie durch die Papierkrise kommen?

Piel: So ist es. Und eine Weile geht das auch. Sollte man aber irgendwann feststellen, dass sich der Markt gar nicht mehr erholt und vielleicht auf Jahre hin nicht mehr genug Zeitungspapier zur Deckung des Bedarfs produziert würde, dann hätten wir natürlich ein Problem. Dann müsste man vielleicht auch noch mal über andere Optionen nachdenken, etwa das staatliche Eingreifen. Aber ich hoffe, dass es eine Ausnahmesituation ist.

Für alle, die nicht so geduldig sind wie Papier: Wann dürfen die Leser:innen des MT wieder auf gewohnte Umfänge hoffen?

Piel: So gerne ich das auch wollte - das kann ich wirklich nicht seriös sagen. Wir gucken da in einen Nebel hinein und wissen nicht, wann er sich lichtet. Es wäre schön, wenn wir sagen könnten: Liebe Leute, beißt bitte mal vier Wochen die Zähne zusammen, und danach ist es wieder gut. Aber wir müssen im Moment leider offen sagen, dass wir es nicht genau wissen. Das ist unbefriedigend, aber so ist es leider. Wir haben uns jetzt erst mal darauf eingestellt, dass wir bis Ende des Jahres so durchkommen und dann im neuen Jahr hoffentlich wieder auf dem gewohnten Stand sind. Aber wir fahren die Umfänge natürlich auch gerne früher wieder hoch, sobald wir wissen, dass wir wieder verlässlich Papierlieferungen bekommen und unsere Position der vorausschauenden Vorsicht aufgeben können.

Zusätzliche freie Tage für Redakteur:innen und Ausgleichszahlungen für arbeitnehmerähnliche Freie

BESCHÄFTIGUNGSSICHERUNGSTARIF: DJV UND BDZV EINIGEN SICH – GEHALTSTARIFVERHANDLUNGEN IM HERBST

Drei zusätzliche freie Tage für Redakteur:innen an Tageszeitungen und Anspruch auf Ausgleichszahlungen bei coronabedingten Mindereinnahmen für arbeitnehmerähnliche Freie in Höhe von bis zu einem durchschnittlichen Monatshonorar aus dem Vor-Coronazeitraum: Darauf haben sich am Montag, 19. Juli, der DJV und der Zeitungsverlegerverband BDZV geeinigt. „Über dieses Ergebnis“, sagt Kristian van Bentem, stellvertretender Vorsitzender des DJV-NRW, „freuen wir uns sehr“. Zugleich fordert er die Arbeitgeberseite mit Blick auf die anstehende Gehaltstarifrunde auf, in den kommenden Gesprächen ein „akzeptables Angebot“ zu unterbreiten.

Bis jedoch die Gehälter wieder in Fokus rücken, dauert es noch ein wenig. Der derzeit gültige Gehaltstarifvertrag bleibt bis Ende des Jahres in Kraft. Die Gespräche darüber sollen im Herbst aufgenommen werden. In der jetzigen Runde stand ausschließlich der Beschäftigungstarifvertrag aus dem vergangenen Jahr im Fokus. Zunächst haben sich die Parteien auf die Verlängerung bis Ende 2021 verständigt. Mit der Fortsetzung wird für Arbeitgeber und Betriebsräte unter Beteiligung der Gewerkschaften die Möglichkeit geschaffen, bei Bedarf Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung auf betrieblicher Ebene zu ergreifen. Dem Tarifergebnis muss die Große Tarifkommission des DJV noch zustimmen.

Wertschätzung für Arbeit in der Corona-Pandemie

„Dieses Ergebnis ist ein Stück Wertschätzung für die gute und herausfordernde Arbeit unserer Kolleginnen und Kollegen in der Corona-Pandemie und dient der Arbeitsplatzsicherheit“, sagt DJV-Verhandlungsführerin Ella Wassink. Dem schließt sich auch Kristian van Bentem an: „Angesichts der schwierigen Bedingungen in der weiter andauernden Pandemie freuen wir uns über drei zusätzliche freie Tage in diesem Jahr für Redakteur:innen und Ausgleichszahlungen für arbeitnehmerähnliche Freie.“ Doch van Bentem nimmt schon die Gespräche ab Herbst in den Blick und adressiert ganz klar an die Arbeitgeberseite: „Wir erwarten, dass der BDZV die Lohnzurückhaltung, die den Beschäftigten während der Corona-Krise noch mehr als ohnehin seit vielen Jahren abverlangt wird, honoriert und bei den im Herbst anstehenden Gehaltstarifverhandlungen ein akzeptables Angebot unterbreitet.“

Engagement für finanzielle Förderung nach qualitätssichernden Kriterien

Anträge vom Fachausschuss und dem Landesvorstand auf dem Gewerkschaftstag 2021

Starker Lokal- und Regionaljournalismus ist ein essenzieller Grundpfeiler unserer Demokratie, gerät aber zusehends  in einen Teufelskreis aus sinkenden Einnahmen, Personalabbau zur Kostensenkung und daraus folgendem Qualitätsverlust.

Der DJV NRW setzt sich deshalb explizit für eine finanzielle Förderung von Medienhäusern und Startups ein, die  - anders als die plötzlich gescheiterten Pläne der Bundesregierung zur  Presseförderung in Höhe von 220 Millionen Euro - qualitätssichernde Kriterien zugrunde legt.

Zwei Anträge der Fachausschüsse Tageszeitungen und Betriebsräte/Personalräte sowie des Landesvorstands dazu sind beim Gewerkschaftstag 2021 mit großer Mehrheit angenommen worden.

Antrag vom FA Betriebs- und Personalräte und FA Tageszeitungen: Finanzielle Förderung von Lokaljournalismus

Der Gewerkschaftstag hat am 8. Mai 2021 beschlossen: Der DJV-NRW fordert den DJV-Bundesverband auf, sich bei den im Bund zuständigen Stellen für ein Förderkonzept einzusetzen, das eine an qualitätssichernde Kriterien gebundene finanzielle Förderung von Medienhäusern ermöglicht, um noch vorhandene Strukturen im Lokaljournalismus langfristig zu erhalten. Die Hilfen sollen an quantitative Standards bei der personellen Ausstattung von Redaktionen, qualitativ-inhaltliche Kriterien, die Tarifbindung und die Einhaltung von Honorarmindeststandards geknüpft sein.
Jegliche direkte oder indirekte Förderung muss den Grundsatz der Staatsferne strikt beachten und darf nicht zulasten der Förderung  von neuen Formen im Lokaljournalismus gehen.

Begründung:
Der DJV-NRW begrüßt grundsätzlich, dass die Bundesregierung 220 Millionen Euro zur Förderung von Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen zur Verfügung stellt, kritisiert aber die nicht zielführende Koppelung der Förderhöhe an Auflagen und die unzureichende Auswahl der Förderzwecke, die weitgehend nur die Digitalisierung von Vertrieb und Verbreitung berücksichtigen.

Der DJV-NRW fordert, weitere Förderkriterien zu etablieren. Ziel einer Förderung soll sein, durch Anschubfinanzierung die Qualität und Attraktivität journalistischer Inhalte unabhängig vom Publikationskanal wieder zu steigern, um damit die Zahlungsbereitschaft bei Nutzern zu erhöhen.

Ziel der Initiative ist es, die negative Entwicklung im Lokaljournalismus mit ihren gefährlichen  Folgen für das demokratische Miteinander zu stoppen. Verlage, Medienhäuser und Sender versuchen, Journalismus mit immer weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu machen. Das hat zwangsläufig qualitative Einbußen zur Folge. Die vorgeschlagenen Förderkriterien sollen Anreize schaffen, wieder mehr in Personal zu investieren. Das Förderkriterium „Personalstärke“  könnte an die Redaktionsstellen je 10.000 Einwohner und  je Kommune im Berichtsgebiet gebunden sein. Das Förderkriterium „Qualität“ könnte durch den Anteil von kommunalpolitischen,  Mehr-Quellen-, selbst recherchierten und gesellschaftlich relevanten Berichten definiert werden. Das Kriterium „Tarifbindung“ für Angestellte und Freie stellt zum einen sicher, dass Häuser, die sich Wettbewerbsvorteile gegenüber tariftreuen Mitbewerbern auf Kosten ihrer Beschäftigten verschaffen, nicht zusätzlich profitieren. Und es fördert zum anderen, dass Arbeitsstellen im Lokaljournalismus attraktiv bleiben oder wieder werden, um gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter*innen zu gewinnen und zu halten.

Journalismus ist konstitutiv für jede Demokratie. Dort, wo es keinen Lokaljournalismus (mehr) gibt, fällt es Demokratiefeinden leicht, „die Medien“, „die Politik“ oder „den Staat“ zu diskreditieren.  Denn nur im Lokalen entwickeln Leser*innen, Hörer*innen, Zuschauer*innen und User*innen das Vertrauen, das auf eigener Erfahrung beruht. Guter Lokaljournalismus stützt und schützt die Demokratie, unmittelbar in der Kommune und mittelbar darüber hinaus. Die weitere Digitalisierung  wird die redaktionelle Arbeit weiter verändern und erleichtern, aber den Kern von Journalismus kann kein Algorithmus abbilden und schon gar nicht ersetzen. Guter Journalismus braucht auch in Zukunft gut ausgebildete Journalist*innen, die Zeit haben für ihre Aufgaben. Neue, alternative Anbieter von Lokaljournalismus nehmen dabei eine wichtige Rolle ein und sorgen für Medienvielfalt. Die Lücken, die etablierte Medienhäuser inzwischen hinterlassen, werden sie aber nicht im vollen Umfang schließen können. Noch bestehende Strukturen im Lokaljournalismus zu erhalten ist deshalb unerlässlich.

Dringlichkeitsantrag vom Landesvorstand: Presseförderung

Der Gewerkschaftstag hat am 8. Mai 2021 beschlossen: Der DJV-NRW fordert von der Bundesregierung und den die Regierung tragenden Bundestagsfraktionen, die Zusagen zur Presseförderung einzuhalten. Der DJV-NRW erwartet, dass die 220 Millionen Euro, die versprochen waren, zeitnah zur Förderung lokaljournalistischer Angebote zur Verfügung gestellt werden. Es geht darum, alle Anbieter von Lokaljournalismus zu unterstützen, und damit die Medienvielfalt sicherzustellen.

Begründung: 
Das von der Bundesregierung zugesagte Förderpaket über 220 Millionen Euro kommt nicht zustande. Wie seit der vergangenen Woche bekannt ist, hat das Bundeswirtschaftsministerium das Programm für gescheitert erklärt. Details über die Gründe sind bisher nicht bekannt. Die Rede ist lediglich von  „verfassungs-, haushalts- und beihilferechtlichen Umständen“ und „sorgfältiger Abwägung aller betroffenen Interessen“. Der DJV-NRW jedenfalls kann nicht nachvollziehen, warum das Wirtschaftsministerium daran gescheitert ist, einen tragfähigen rechtlichen Rahmen zu entwickeln.   Der DJV-NRW geht vielmehr davon ausgehen, dass die Beteiligten sich im Klein-Klein des Haushaltsrechts verheddert haben, anstatt Entwicklungen anzustoßen und zu fördern, die für das demokratische Miteinander wesentlich sind. Auch das Hin  und Her bei den Förderzielen -- mal ging es um die Digitalisierung, mal um die Zustellung von Printprodukten  --  ist ein Indiz für mangelnde Kenntnis der Medienbranche.
Der DJV-NRW ist davon überzeugt, dass die Förderung von Medienunternehmen zumindest in einer Übergangsphase nötig ist und verweist insofern auf den Antrag C2 zur finanziellen Förderung von Lokaljournalismus.

Starker Lokaljournalismus braucht ausreichend Personal

Panel beim Online-Journalistentag 2021

Viele Redaktionen vermissen klare Worte und die Unterstützung ihrer Chefredakteur*innen, wenn es darum geht, gegenüber Verleger*innen und Geschäftsführerinnen ausreichend Personal einzufordern. Doch dem Anspruch, einen qualitativ hochwertigen Lokaljournalismus machen zu wollen, können Redaktionen nicht gerecht werden, wenn sie immer weiter ausgedünnt werden. Das haben drei (Chef-)Redakteure in aller Deutlichkeit beim Journalistentag betont. Gemeinsam diskutierten Benjamin Piel (Chefredakteur Mindener Tageblatt), Redakteur Jürgen Overkott (Westfalenpost) und Chefredakteur Timo Fratz von Radio Bielefeld.

„Ich habe das unmissverständlich gesagt, und dafür stehe ich auch ein: Wenn man sich aufs Lokale konzentriert, gehört es dazu, das Lokale auch gut auszustatten“, sagte Benjamin Piel (Chefredakteur Mindener Tageblatt). „Denn ich glaube eben nicht daran, dass man mit immer weniger Leuten eine höhere Qualität machen kann. Wer das glaubt, der glaubt an die Quadratur des Kreises. Das kann nicht aufgehen.“ Ähnlich argumentierte auch Jürgen Overkott, Redakteur der Westfalenpost in Balve. Tatsächlich gründlich zu recherchieren, investigativ zu sein und mit Tiefgang zu erklären, gehe eben nicht in 30 Minuten – „und am besten noch in zwei unterschiedlichen Fassungen für Print und Online“. Wenn man tatsächlich den Anspruch habe, Qualitätsjournalismus verkaufen zu wollen, dann gehe das nur mit ausreichend Personal.

In der Krise kein Personal abbauen

Dem schloss sich auch Timo Fratz (Chefredakteur Radio Bielefeld) an und warnte davor, in der Krise Etats herunterzufahren und Personal zu reduzieren. Es sei erschreckend, wie schnell das bei manchen Lokalradios passiert sei, anstatt zu sagen: „Welche Chancen haben wir jetzt, neue Konzepte zu entwickeln, damit wir das alles halten und danach dann auch noch davon profitieren und es ausbauen können. Das hätte ich mir viel öfter gewünscht als dieses Hinstellen und Jammern.“ Er sehe die Krise als Chance, aus der man gut herauskommen könne. Wer jetzt Personal abbaue und sich irgendwelche Kompromisse im Angebot zurechtbiege, laufe zudem Gefahr, dauerhaft mit weniger Personal auskommen zu müssen. "Wir dürfen doch nicht glauben, dass nachher einer kommt und sagt: ‚Mensch, jetzt habt Ihr die Zeit so gut überbrückt, jetzt kriegt Ihr wieder zwei Mitarbeiter mehr‘. Nein. Andersrum wird Schuh draus."

Ausdünnung der Redaktionen nicht weiter mittragen

Auch Benjamin Piel warnte vor Personalabbau als Standardrezept: „Man schaufelt sich sein eigenes Grab mit dieser Kurzsichtigkeit.“ Damit kämen Verlage in eine Spirale, in der es immer schlimmer statt besser werde. „Wenn wir da nicht Stärke zeigen, bekommen wir ein echtes Problem.“

„Die Kolleg*innen in den Redaktionen dürfen von ihren Chefredakteur*innen erwarten, dass sie das ihren Arbeitgebern gegenüber unmissverständlich klar machen, anstatt aus falscher Loyalität die Ausdünnung der Redaktionen weiter mitzutragen“, sagt Frank Stach, Landesvorsitzender des DJV-NRW.

Wer sich die Diskussion noch einmal anschauen möchte: Auf der Seite des Journalistentags gibt es den Mitschnitt der Workshops Lokaljournalismus.


Fachausschuss FRATZ - Betriebsräte und Tageszeitungen - startet durch

Mit der konstituierenden Sitzung am 20. Juni 2022 hat der Fachausschuss Betriebs-/Personalräte (FA BR) zusammen mit dem Fachausschuss Tageszeitungen (FA TZ) seine Arbeit aufgenommen. Beide Fachausschüsse tagen gemeinsam. Gewählt wurden als Vorsitzender des FA BR Jürgen Primus, als sein Stellvertreter Jost Wolf. Vorsitzender des FA TZ ist Andreas Drees, seine Stellvertreter Lutz Blumberg. 

Vorsitzender
Andreas Drees

Andreas Drees, seit dem Volontariat DJV-Mitglied, hat als Chef vom Dienst beim Iserlohner Kreisanzeiger die inhaltlichen und die organisatorischen Seiten des Lokaljournalismus gleichermaßen im Blick. Der Wunsch nach fairer Bezahlung und guten Arbeitsbedingungen, leider nicht mehr selbstverständlich, sind Gründe für das Engagement im FA Tageszeitungen.  Foto: Michael May

stellv. Vorsitzender
Lutz Blumberg

Lutz Blumberg ist Tageszeitungsredakteur bei der Rheinischen Redaktionsgemeinschaft (RRG) in Köln und arbeitet in der Lokalredaktion Wipperfürth für den Kölner Stadt-Anzeiger und die Kölnische Rundschau. Seit 2010 ist er Mitglied im DJV, die Mitgliedschaft im Fachausschuss Tageszeitungen, in dem er stellvertretender Vorsitzender ist ist seine erste Gremienarbeit. Foto: Lara Hunt

Nina Estermann

Nina Estermann ist Redakteurin bei der WAZ. Lokaljournalismus auf allen Kanälen ist ihr Ding. Als Betriebsratsvorsitzende sind ihr die Rahmenbedingungen wichtig, unter denen Journalist:innen arbeiten - und die immer wieder den Wandel ermöglichen müssen. Darum geht es auch im Fachausschuss Tageszeitung. Foto: Joachim Kleine-Büning

Annette Kalscheuer

Annette Kalscheur ist Redakteurin bei der WAZ und seit über 20 Jahren Betriebsrätin. Als digitaler Mensch im FA Tageszeitung aktiv zu sein, ist für sie kein Widerspruch. Die Transformation der Medienwelt ist eine Generationenaufgabe, der respektvolle Umgang mit den Mitarbeitenden und der Blick auf die unterschiedlichen Bedürfnisse von Leser:innen sind es auch. Foto: Fotograf: Frank Preuss

Stefan Lenz

Stefan Lenz ist Redakteur bei der Rheinischen Redaktionsgemeinschaft (RRG) in Köln und arbeitet am Regiodesk für den Kölner Stadt-Anzeiger und die Kölnische Rundschau. Seit 2014 gehört er dem Betriebsrat der RRG an. Im DJV ist er seit 2018 Mitglied im FA Betriebsräte und seit 2021 Schriftführer im Landesvorstand. Er ist zudem Mitglied der Tarifkommission. Foto:  Klaus Daub

Fabienne Piepiora

Als Kind wollte Fabienne Piepiora Kinderbuchautorin werden. Da man bei Astrid Lindgren allerdings kein Praktikum machen konnte, ging es in der 9. Klasse zur WAZ. Seit 2012 arbeitet sie als Redakteurin bei der WAZ. Als Dozentin an verschiedenen Journalistenschulen gibt sie Aus- und Weiterbildungsseminare. Autorin ist sie doch geworden – für Reiseführer. Foto: Ute Gabriel

Martin Pyplatz

Martin Pyplatz ist ein Kind des Ruhrgebiets. Er begann 1973 als freier Mitarbeiter in der WAZ-Lokalredaktion Recklinghausen und baute die WAZ-Redaktion in Haltern mit auf. Nach vier Jahren brach er kurz vor dem Examen sein Jura-Studium ab, um eine Stelle als leitender Redakteur der WAZ-Gruppe anzunehmen. Seit 1991 ist er Redakteur im Medienhaus Bauer. Foto: Arian Pyplatz

Kristian van Bentem

Kristian van Bentem ist Redakteur bei den Westfälischen Nachrichten und dort seit 2018 BR-Vorsitzender. Im DJV-NRW ist er Stellvertretenden Landesvorsitzender, seit 2022 ist er auch stellvertretender Vorsitzender des Bundesfachausschusses Betriebsräte/Tageszeitungen. Er sieht die finanzielle Förderung von Lokaljournalismus als eines der wichtigsten Themen. Fotograf: Udo Geisler

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