Deutscher Journalisten-Verband Landesverband Nordrhein-Westfalen

Der Lokalfunk in der Corona-Krise

Tarifinfo Lokalfunk NRW: Gehaltstarif-Vertrag und Urlaubsgeld

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

nach Rücksprache mit zahlreichen Betrieben haben wir wegen der Corona-Krise und den daraus resultierenden Folgen für die Lokalfunksender die Gehaltstarifverhandlungen im April unterbrochen. In Absprache mit den Arbeitgebern ist der Gehaltstarifvertrag bis Ende 2020 befristet wieder in Kraft gesetzt.

DJV-Mitglieder haben damit Rechtssicherheit in allen Fällen, auch bei Neueinstellungen und Vertragsänderung.  Das war zunächst unter allen Tarifparteien Konsens. Leider haben sich die Kolleg*innen von ver.di Anfang Mai dann entschieden, das entsprechende Moratorium doch nicht zu unterzeichnen. Das bedauern wir. In der Sache entsteht dadurch den Mitarbeitenden in den Betrieben aber erstmal kein Nachteil. Die Gehaltsverhandlungen sollen Ende des Jahres selbstverständlich gemeinsam von DJV und ver.di wieder aufgenommen werden.

Auszahlungszeitpunkt Urlaubsgeld

Nun haben Veranstaltergemeinschaften und Betriebsgesellschaften signalisiert, aus Gründen der Liquiditätssicherung, den ersten Teil der Jahresleistung (Urlaubsgeld) gegebenenfalls erst im Herbst auszahlen zu wollen.

Das können sie theoretisch auch ohne Zustimmung der Gewerkschaften tun. Der entsprechende Paragraph im Manteltarifvertrag bestimmt lediglich den November als letztmöglichen Auszahlungstermin. Alles Weitere bleibt der „betrieblichen Regelung“ vorbehalten.

Wichtig: Eine Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes ist mitbestimmungspflichtig! Sollte solch ein Anliegen an Lokalfunkmitarbeiter*innen herangetragen werden, sollten sie unbedingt den Betriebsrat einschalten.

In Sendern ohne Betriebsräte sollten sich Mitarbeiter*innen direkt an den DJV-NRW wenden.

In der Sache gilt es nämlich eine Menge zu beachten:

  • Für jeden Sender sollte genau geprüft werden, ob wirklich eine wirtschaftliche Notwendigkeit besteht. Viele Betriebsgesellschaften haben ausreichende Rücklagen oder können auf die ihrer Gesellschafter zurückgreifen.
  • Wenn das Urlaubsgeld später ausbezahlt wird, sollte die jeweilige Veranstaltergemeinschaft schriftlich zusichern, auf betriebsbedingte Kündigungen mindestens im Jahr 2020 zu verzichten.
  • Zusätzlich sollten aus unserer Sicht die BG-Gesellschafter (Verlag, Kommune) im Falle einer Insolvenz des Senders oder der BG garantieren, dass die Beschäftigten das noch nicht ausbezahlte Urlaubsgeld doch noch bekommen.
  • Auf jeden Fall sollten diejenigen Anteile des sogenannten Urlaubsgelds von der Verschiebung ausgenommen werden, die fest für regelmäßige Verpflichtungen eingeplant sind (zum Beispiel Einzahlung in die betriebliche Altersvorsorge).
  • Außerdem sollte auf eine spätere Auszahlung des sogenannten Urlaubsgelds verzichtet werden, wenn die Mitarbeiter*innen dadurch in wirtschaftliche Notlagen geraten

Der Gehaltstarifvertrag im Lokalfunk NRW war ursprünglich zum 30. Juni 2019 ausgelaufen. Erst am 17. Dezember 2019 starteten die Verhandlungen mit VLR- und BG-Verband. In drei Verhandlungsrunden haben die Arbeitgeber bislang kein Gehaltsangebot auf den Tisch gelegt. Die letzte Tarifrunde war am 4. März 2020.

Zum Download: Tarifinfo vom 03.06.2020

Der DJV-NRW bezieht Stellung: Antrag der NRW-SPD zur finanziellen Absicherung des Lokalfunks

Die SPD-Fraktion des nordrhein-westfälischen Landtages hat einen Entschließungsantrag zum Gesetzentwurf der Landesregierung „Gesetz zur Zustimmung zum dreiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung weiterer Gesetze (18. Rundfunkänderungsgesetz) vorgelegt. Die Forderung der NRW-SPD: Die Landesregierung soll das System des Lokalfunks in der Corona-Krise finanziell noch mehr absichern.
Konkret fordert die Fraktion die Landesregierung auf,

  • „schnellstmöglich landespolitische Maßnahmen zu ergreifen, um die Lokalsender und weitere werbefinanzierte lokaljournalistische (Online-)Medien finanziell zu unterstützen. Durch die Trennung von Programm (Veranstaltergemeinschaften) und wirtschaftlicher Verantwortung (Betriebsgesellschaften) ist die Auszahlung dieser Finanzhilfen systembedingt staatsfern.“
  • „in Anlehnung an die staatlichen Hilfen für Unternehmen in NRW die wirtschaftliche Existenz der Betriebsgesellschaften zu unterstützen und hierbei die wirtschaftlich einzigartige NRW-Struktur des Lokalfunks zu berücksichtigen."*

*Erschließungsantrag der Fraktion der SPD, verfasst am 31.März 2020

Der DJV-NRW wurde vor der heutigen Plenarsitzung gebeten, zum Entschließungsantrag Stellung zu beziehen:

„Der lokale Rundfunk ist unabhängig von der derzeitigen Krise ein unentbehrlicher Bestandteil der Meinungsvielfalt in NRW. Tatsächlich ist dieses rein werbefinanzierte System in der aktuellen Krise besonders unter Druck geraten. Eine Absicherung ist unabdingbar notwendig und aus unserer Sicht auch ordnungspolitisch vertretbar. Durch die hohe Regulierungsdichte handelt es sich nämlich beim Lokalfunk keineswegs um eine mit anderen Bereichen vergleichbare privatwirtschaftliche Branche. Die Anforderungen der Gesellschaft an die Leistungsfähigkeit sind ebenso klar formuliert wie die Beschränkungen für die Refinanzierung über Werbung.

Daher hat der  DJV hat die Ablehnung des Entschließungsantrags der SPD im Landtag im April sehr bedauert. Mit Blick auf die notwendige Staatsferne halten wir eine Förderung der Betriebsgesellschaften für den besten Weg.“

(...)

"Heute, fünf Wochen nach Einbringung des Antrags muss man diesen vor allem vor dem Hintergrund des mittlerweile auf Anregung und Vermittlung von Landesanstalt für Medien und Landesregierung geschlossenen „Paktes für den Lokalfunk“ beurteilen. Das Paket sieht vor, die Distributionskosten für den Lokalfunk für etwa drei Monate bereit zu stellen. Die dafür notwenigen Mittel wollen die Landesregierung und die Landesanstalt für Medien NRW dazu steuern. Vor allem aber ist es gelungen, alle Beteiligten an einen Tisch zu holen und zumindest ein wenig Transparenz in die Situation der Sender und den tatsächlichen Bedarf zu bekommen.

Aus Sicht des DJV ist der Pakt ein erster guter Schritt. Insbesondere begrüßen wir die klare Verknüpfung von Hilfen mit Bedingungen, die Arbeitsplätze und damit die lokalen Strukturen vor Ort absichern. Allerdings ist zweifelhaft, ob die hier bereitgestellten Mittel für eine Bewältigung der Herausforderungen ausreichend sind. Insofern ist die weitere Befassung des Landtages auf Basis des vorliegenden Entschließungs-antrages wichtig. Dabei wird es neben der Diskussion über notwendige Summen – aber vor allem darauf ankommen, wie Rahmenbedingungen zur Ausschüttung gestaltet werden können.  

Wie groß ist denn nun eigentlich der Finanzbedarf im System? Tatsächlich hat sich die Situation mit Öffnung der Möbelhäuser und dem damit verbundenen Anstieg der Werbung wieder ein wenig entspannt. Brancheninsider sprechen derzeit von etwa 1,5 Millionen Gesamtbedarf pro Monat. Dies ist eine Momentaufnahme, die deutlich unter den zunächst formulierten Bedarfen liegt, sich aber bei einem weiteren Lockdown schlagartig wieder ändern kann. Verteilt sind diese Bedarfe dabei sehr unterschiedlich: Während viele der Senderverbünde dank ausreichender Rücklagen zumindest keine akuten Liquiditätsprobleme haben, stehen andere nach eigenen Angaben bereits kurzfristig vor dem Aus. Auffällig ist, dass nicht unbedingt nur die schon vor der Krise wirtschaftlich schwachen Sender vor Problemen stehen, sondern die Liquidität einzelner Sender auch durch die Entnahmepolitik der Stakeholder der vergangenen Jahre gefährdet scheint.

Umso wichtiger erscheint es uns, nicht mit der Gießkanne Fördermittel auszuschütten, sondern diese an klare Bedingungen zu knüpfen sowie auch die Stakeholder der oftmals in den vergangenen Jahren sehr erfolgreichen Betriebsgesellschaften mit in die Verantwortung zu nehmen. Hierbei kann man sicher gut an die Kriterien des Solidarpaktes (Erhalt lokaler Strukturen, Arbeitsplatzsicherheit, Verzicht auf Kurzarbeit) anknüpfen und diese um das Thema Transparenz ergänzen. Hierzu hat der DJV-NRW bereits im Kontext der Änderung des LMG Vorschläge gemacht.

Bei der notwendigen Konfiguration der Instrumente zur Verteilung der unbestreitbar notwendigen weiteren Mittel sollte die Landespolitik folgende Punkte in ihre Überlegungen einbeziehen:

  • Es braucht einen Mix aus Zuschüssen, die wirtschaftlich schwache Sender stützen und abgesicherten, langfristigen Krediten für Betriebsgesellschaften, die langfristig wirtschaftlich betrieben werden können. Es ist zu prüfen, ob man diese an Bedingungen für die maximale Entnahme durch Stakeholder koppeln kann um die Betriebsgesellschaften auch langfristig krisenfester zu machen.
  • Gegebenenfalls kann eine Stützung des Systems auch über Kapitalerhöhungen durch kommunale Anteilseigner an den Betriebsgesellschaften erfolgen. An fast jeder BG sind die Kommunen entweder direkt oder indirekt beteiligt. Das hätte den Nebeneffekt, dass der gesellschaftliche Einfluss auf die Betriebsgesellschaften und damit die Transparenz des Gesamtsystems gestärkt würde. Selbstverständlich muss das angesichts der Finanzsituation vieler Kommunen über Landesmittel refinanziert werden.
  • Für eine Förderung müssen Kriterien entwickelt werden, die sich am Bedarf orientieren und nicht pauschal an der Anzahl der Mitarbeiter
  • Die im Landtag vertretenen Parteien der Bundesregierung sollten Einfluss auf diese nehmen um die Rahmenbedingungen des EU-Beihilferechtes so anzupassen, dass eine nachhaltige Förderung des Lokalfunks möglich ist.“

Die gesamte Stellungnahme lesen Sie hier.

DJV-NRW bedauert Ablehnung von Hilfspaket: „Land darf Lokalfunk nicht im Regen stehen lassen“

Der DJV-NRW bedauert die Ablehnung eines Soforthilfepakets für den NRW-Lokalfunk. Heute Mittag hat der Landtag mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD einen aus Sicht des DJV sehr sinnvollen entsprechenden Entschließungsantrag der SPD-Fraktion abgelehnt.

„Der Lokalfunk braucht jetzt schnelle Unterstützung. Den 44 Sendern sind binnen weniger Tage quasi die gesamten Einnahmen weggebrochen, die an Mitarbeiterzahlen orientierten Hilfsprogramme greifen hier nicht“, so der DJV-Landesvorsitzende Frank Stach. Dabei erfüllten die Sender gerade eine allgemein anerkannte, systemrelevante Aufgabe. „Und das müssen sie weiter können“, so Stach.

Das deutschlandweit einzigartige „Zwei-Säulen-Modell“ des NRW-Lokalfunks bewährt sich gerade jetzt, da das Lokalprogramm in der Verantwortung der Veranstaltergemeinschaften und ihrer Redaktionen liegt. Lokale Berichterstattung vor Ort wird dringend gebraucht und auch nachgefragt. Die Einnahmen sinken als Folge der Corona-Krise trotzdem rapide. Immer mehr Werbekunden der insgesamt 44 Lokalradiosender springen ab, Buchungen werden storniert. Für die Betriebsgesellschaften im NRW-Lokalradiosystem ist das existenzgefährdend.

So sah das auch die NRW-Landtagsfraktion der SPD und stellte deswegen heute Nachmittag einen Entschließungsantrag zum Gesetzesentwurf der Landesregierung („Gesetz zur Zustimmung zum Dreiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung weiterer Gesetze (18. Rundfunkänderungsgesetz“)) mit dem Ziel einer finanziellen Absicherung des Lokalfunks in der Corona-Krise.  „Eine solche Lösung wäre bestens geeignet, Druck aus dem gerade immens wichtigen aber wirtschaftlich vor dem Kollaps stehenden System zu nehmen“, lobt Stach den Ansatz

Die Fraktionen der in NRW regierenden Parteien CDU und FDP sehen das offensichtlich anders und stimmten dagegen. Der Antrag ist nun abgelehnt. „Ich verstehe das nicht. Auf der einen Seite erklärt die Landesregierung geradezu vorbildlich Journalismus für systemrelevant. Aber jetzt lässt man ein ganzes System im Regen stehen“, kritisiert der DJV-Landesvorsitzende. „Wenn man den Ansatz der Opposition nicht teilt, müssen die Regierungsfraktionen mit eigenen Ideen kommen. Und zwar besser gestern als heute.“

Der DJV-NRW hält ein passgenaues Paket zur finanziellen Unterstützung für die Lokalfunk-Sender für dringend notwendig. Der Verband fordert die Landesregierung dazu auf, die wirtschaftliche Existenz der Betriebsgesellschaften jetzt schnell zu stützen, um die einzigartige Lokalfunk NRW-Struktur aufrechtzuerhalten.

Ansprechpartner: Volkmar Kah, Geschäftsführer, volkmar.kah@djv-nrw.de

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