Deutscher Journalisten-Verband Landesverband Nordrhein-Westfalen

Weniger Werbung, mehr Kontrolle

WDR-Gesetz novelliert

Die gravierendste Änderung im WDR-Gesetz kam überraschend: Der Entwurf der rot-grünen Landesregierung hatte keine Regelung zur Werbung im WDR-Hörfunk enthalten (siehe „Diskussionsbedarf“, JOURNAL 5/15). Erst kurz vor Schluss tauchte sie auf und wurde am 27. Januar im Düsseldorfer Landtag verabschiedet. Danach soll die Werbezeit im Hörfunk schrittweise bis 2019 von bisher 90 Minuten täglich in drei Programmen auf maximal 60 Minuten in einem Programm reduziert werden. Ab 2017 dürfen zwei Wellen maximal 75 Minuten täglich Werbung senden. Ab 2019 sind maximal 60 Minuten Werbung in einem Radioprogramm erlaubt.

Verluste nun ausgleichen

In diesen vier Jahren müssen wichtige Weichen gestellt werden. Darauf hat der DJV-NRW noch am Tag der Verabschiedung hingewiesen. An erster Stelle steht die Kompensation der Einnahmeverluste für den WDR. „Die Politik ist jetzt aufgerufen, für finanziellen Ausgleich zu sorgen“, erklärt der Landesvorsitzende Frank Stach. „Wer den WDR als wesentliche Säule demokratischer Meinungsbildung in NRW sieht, muss ihn auch entsprechend ausstatten.“ Stach hatte sich bereits einige Tage vorher gegen eine erneute Absenkung des Rundfunkbeitrags und für die Freigabe von Geldern ausgesprochen, die bei der KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs) eingefroren sind.

Unter dieser zwingenden Voraussetzung hatte sich der DJV-NRW auch für eine moderate Werbereduzierung ausgesprochen. Der Landesverband hat stets seine Überzeugung deutlich gemacht, dass Medienpolitik einen Ausgleich zwischen den Interessen der öffentlich-rechtlichen und der privaten Sender finden muss. Nach Überzeugung des DJV-NRW hat die Landesregierung jetzt eine für den Lokalfunk wichtige Entscheidung getroffen und zugleich ein wichtiges Signal für die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gesetzt.

Allerdings müssen die Akteure nun handeln und die Werbevermarktung neu aufstellen, damit sowohl die öffentlich-rechtlichen Radiowellen als auch die Lokalradios gewinnen. „Der Lokalfunk darf sich auf der Durchsetzung seiner Forderung nicht ausruhen. Er muss die erleichterten Bedingungen nun auch nutzen“, sagte Frank Stach. Er appellierte an die Verantwortlichen, in ihre Sender und in qualitativ hochwertige lokale Programme zu investieren. Ein starker, inhaltlich überzeugender Lokalfunk nutze dem Ansehen des Mediums Radio und damit indirekt auch dem WDR. Dadurch werde die gesamte Hörfunklandschaft in NRW gestärkt.

Nicht auf dem Rücken der Mitarbeiter

„Not amused“ war der DJV-NRW darüber, dass der WDR als Antwort auf die Werbezeitenreduzierung vor allem Programmkürzungen ins Spiel gebracht und von „bitteren Konsequenzen für die Medienpräsenz“ gesprochen hatte. Die Berichterstattung über NRW müsse aufrechterhalten werden, mahnte Stach. „Das ist die Königsdisziplin des WDR.“ Mit Blick auf den Programmauftrag des Senders erklärte er: „Einschnitte in die Kernkompetenz darf es nicht geben.“ Eine weitere Sorge des DJV-NRW ist es, dass der Sender weniger Aufträge an Freie erteilt und damit nicht nur deren Lage weiter verschlechtert, sondern zugleich die Arbeitsbelastung seiner Redakteurinnen und Redakteure weiter erhöht. Beide Gruppen hätten bereits für die bisherigen Sparmaßnahmen einen hohen Preis bezahlt. Die anstehenden Veränderungen dürften „nicht erneut auf dem Rücken der Mitarbeiter ausgetragen werden“, warnte Stach.

Weniger Aufmerksamkeit gab es für andere, im Vorfeld gründlich diskutierte Änderungen, etwa zu Aufgaben und Besetzung der Gremien. Mit dem Ziel größerer Vielfalt wächst der Rundfunkrat von 49 auf 60 Sitze. Damit ist zwar formal eine größere Staatsferne erreicht (22 statt bisher 33 Prozent). Angesichts des Spardrucks im WDR wiegt die Aufblähung des Gremiums aber – genau wie die Festschreibung hoher Aufwandsentschädigungen – besonders schwer.

Als nicht unproblematisch bewertet der DJV-NRW auch die neuen fachlichen Anforderungen an Mitglieder des Verwaltungsrats. Dieser Umbau zu einem „Expertengremium“ könnte auf Kosten der medienpolitischen Kompetenz gehen. Der Verwaltungsrat übernimmt künftig die Aufsicht in Rechts- und Finanzfragen. Allerdings blieb die mittelfristige Finanz- und Aufgabenplanung – anders als im Gesetzentwurf vorgesehen – doch beim Rundfunkrat. Außerdem sollen die Gremien künftig auch die WDR-Tochtergesellschaften stärker kontrollieren.

Unterschiedliche Meinungen gibt es im DJV-NRW zur nun geregelten Zusammenarbeit mit anderen öffentlich-rechtlichen Sendern und mit privaten Anbietern. Die Gefahr möglicher Wettbewerbsverzerrungen regelt das Gesetz nicht überzeugend. Zwar soll der WDR auf Vorschlag des Intendanten und unter Gremienbeteiligung eigene Richtlinien zur Zusammenarbeit mit Dritten entwickeln. Ob das aber reicht, muss sich zeigen.

Wesentliche Punkte fehlen

Aus Sicht des DJV-NRW fehlen im neuen WDR-Gesetz allerdings wesentliche Punkte. Besonders misslich, dass die Vorschläge zur Stärkung des Personalrats (§ 55 RStV) nicht berücksichtigt wurden. Nach wie vor sieht die größte Journalistengewerkschaft in NRW Änderungsbedarf bei der Stellung der Freien im Personalrat. Und Minderheitenrechte hätten sichergestellt, dass im Personalrat alle Beschäftigten und damit auch Journalistinnen und Journalisten gleichermaßen schlagkräftig vertreten sind. Leider ist der NRW-Gesetzgeber – anders als etwa der Bund oder das Land Hessen – vor einer entsprechende Regelung zurückgeschreckt.

Insgesamt hat die Landesregierung mit dem WDR-Gesetz einige wichtige, an einigen Stellen auch mutige Impulse gesetzt. Es bleibt aber noch einiges zu tun. Hier gilt: Nach der Novelle ist vor der Novelle./cbl/AZ

JOURNAL 1/16

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